Was wir brauchen
Kein Weihnachten ohne Baum, kein Ostern ohne farbiges Ei. Als Kind ist das selbstverständlich. Klar, das gehört alles dazu. Wird man älter, hinterfragt man. Besonders, wenn man als Malerin in einer KünstlerWG wohnt, in der es keine Wohnzimmer sondern nur Atelierräume gibt, und man sowieso alles anders macht. Festtagsbräuche – brauchen wir das? Also wird Weihnachten ohne Baum gefeiert und Ostern ohne bunte Eier. Und die erstaunliche Erfahrung: Es geht! Weder holt einen der Weihnachtsmann, noch beschwert sich der Osterhase. Das Leben geht einfach so weiter. Am nächsten Tag kann man die Knickebeinschokoeier zum halben Preis kaufen und sich über die Leute totlachen, die für ihre Goldhasen ein paar Tage vorher das Doppelte gezahlt haben. Man ist nicht mehr an das Rad der Zeit gekettet und schaut mitleidig auf diejenigen, die sich vor Weihnachten den kompletten Stress machen und Ostern durch drei Biomärkte hetzen, um noch weiße Eier zu finden, auf denen die Ökofarbe nicht ganz so trostlos aussieht. Ha, ha, ha. Und dann – bekommt man selber Kinder.
Wie immer
Wenn ein Künstlerpaar Kinder bekommt, dann gibt es nicht einfach Weihnachten und Ostern, sondern sehr lange Diskussionen. Wenn die Schokoeier schon gefühlt nach Silvester in die Läden geworfen werden, dann sieht man sich an und schüttelt den Kopf: Da gehen wir nicht mit! Der Baum zu Weihnachten ist dann schon eher okay, denn den kann man beliebig und kreativ schmücken. Und dann gibt es die Dinge, die irgendwie verrückt sind. Die bleiben natürlich auch im Programm.
Ostereiertitschen
Ich dachte ja als Kind, das machen nur wir so, als meine Heimatfamilie. Okay, damals gab es noch kein Wikipedia: Ticken, düpfen, ditschen, tüppen, kitschen, pecken, tütschen, dotzen, klöckeln oder kicken. Das machen also viele. Wir sagen Spitze und Föttchen, andere Spitze und Aasch und manche huddeln die Seiten. Wer sich jemals durch ein Osterfrühstück gelangweilt hat, sollte es auf jeden Fall mal probieren, denn beim Ostereiertitschen zeigen die Gäste ihre Spielernatur.
Regeln
Zwei Ostergäste, hier Gegner genannt, nehmen jeweils ein buntes Osterei in die Hand. Es wird entschieden, welcher Teil des Ei gegeneinander antritt. Also Spitze oder Föttchen. (Wir reden hier nicht über Regelabweichung, bei denen die Spitze gegen das Föttchen oder umgekehrt antritt. Nein.) Merke: Die Spitze ist fast immer stärker als das Pfötchen, mit der Spitze fängt man an.
Die Gegner entscheiden, wer schlägt und wer gegenhält. Beide Postionen haben ihre Vorteile und schiefes Schlagen auf die Spitze gilt als schlechter Stil. Merke: In der Ruhe liegt die Kraft.
Das Siegerei bliebt heil, das Verliererei bricht. Da ist nichts daran zu rütteln. Kleine Haarrisse in der Schale gelten nicht als Niederlage, aber das Ei sollte man vielleicht für einen weiteren Kampf nicht in Betracht ziehen. Merke: Man schlägt nur einmal. Mehrmaliges Einschlagen auf das Ei des Gegners ist nur Kindern unter drei Jahren erlaubt.
Wer schummelt sollte das richtig tun. Dafür gibt es Gipseier (früher Pecheier, betrogen wurde schon immer), aber erwischen lassen dürfen sich nur Kinder unter fünf.
Und last but not least – Nur zerditschte Eier dürfen gegessen werden.
Kein Ei ohne Kampf.
Frohe Ostern!
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