Sieben erdähnliche Planeten kreisen um Trappist1
Vor ein paar Tagen kam die Meldung, dass sieben erdähnliche Planeten ganz in unserer Nähe entdeckt worden sind. Nur ungefähr — wenn ich richtig gerechnet habe — 380.000.000.000.000 km weg. Ich finde es immer noch unglaublich, dass es uns, bzw. einigen grandiosen Wissenschaftlern und Technikern, möglich ist, anhand von kleinen Helligkeitsschwankungen eines Sterns auf die Existenz von Planeten zu schließen, die diesen Stern umkreisen. Und nicht nur das. Offensichtlich weiß man auch, wie groß diese Planeten in etwa sind, dass sie vermutlich aus Gestein bestehen und dass auf ihnen Temperaturen zwischen 0º C und 100º C herrschen könnten. Temperaturen also bei der Wasser, falls es vorhanden ist, flüssig sein würde. Bedingungen also, unter denen Leben, wie wir es uns vorstellen können, existieren könnte.
There must be some kind of way outta here.
Immerhin haben wir es schon mal zum Mond — und zurück — geschafft und das mit einer Technik, die heute schon sehr antiquiert wirkt. Und wir haben es schon geschafft, einige Sonden mit hoher Präzision sehr weit in unser Sonnensystem und sogar darüber hinaus fliegen zu lassen. Aber so richtig weit ist das trotzdem nicht. Ob wir jemals die 40 Lichtjahre zu Trappist1 hier nebenan überwinden werden? Eher fraglich. Teleskope lauschen und schauen da schon weiter in die tiefen von Zeit und Raum.
All along the watchtower
Wir sind seit Jahrhunderten, Jahrtausenden auf dem Ausguck und schauen da raus. Ins Weltall. Erst mit bloßem Auge. Dann mit Teleskopen, die irgendwann so gut werden, dass Galileo vor gut 400 Jahren vier der Jupitermonde sehen kann. Er erkennt: Es gibt da draußen also Dinge, die nicht um die Erde kreisen. Das ist der Beweis für eine unglaubliche Entdeckung, die das gesamte Weltbild auf den Kopf stellt. Es kreist nicht alles um die Erde? Die Erde soll nicht der Mittelpunkt der Welt sein? What? Was muss das für Galileo bedeutet haben? Etwas zu denken, das man eigentlich gar nicht denken kann. Etwas zu denken, was niemand wahrhaben will. Für die schon von Luther und der Reformation gebeutelte katholische Kirche kam das eher ungelegen und sie verurteilte Galileo, der den Rest seines Lebens unter Hausarrest verbrachte.
Mittlerweile haben wir uns theoretisch daran gewöhnt, dass die Erde nicht der Mittelpunkt der Welt ist. Unser Sonnensystem nicht der Mittelpunkt der Milchstraße, unser Milchstraße nicht der Mittelpunkt der lokalen Gruppe und die lokale Gruppe nicht der Mittelpunkt des Universums, und das Universum vielleicht nicht das einzige …? Wie gesagt, theoretisch. Fühlt es sich nicht immer noch so an, als würde ich aus dem Zentrum meines Ich in der Welt umherschauen? Geht in unserer Mittelpunkthaftigkeit nicht immer noch die Sonne auf? Wir wissen, dass es nicht so ist. Trotzdem sitzen wir gern beim Sonnenuntergang am Strand.
The Hubbleteleskop
Mit dem technischen Fortschritt erweitern wir unsere Sinnesorgane immer mehr. Wir lauschen und schauen in fernste Gegenden und vergangenste Zeiten. Das Hubbleteleskop schickt uns seit einigen Jahren die spektakulärsten Aufnahmen aus dem Weltall. Unglaublich, was uns da auf bunten Aufnahmen an Spektakel vorgeführt wird. Alles millionenmilliardentausendlichtjahrkilometerweit weg. Mehr als alle Platten von Dylan, Hendrix und den Beatles übereinandergestapelt. Ich bin wirklich ein großer Fan vom Hubbleteleskop.
Und ich folge mit großer Freude dem Instagramfeed von thehubblescope. Hier ein paar Beispiele.
In den Bildbeschreibungen werden die astronomischen Namen, die Entfernung, die Ausdehnung und die astronomischen Vorgänge beschrieben. Es ist viel von stellar winds and radiation, emmissions from sulfur, ionized gas, low mass dwarf stars, star forming regions, electrons recombining with protons etc. die Rede.
Oft wird auch die Sichtbarkeit und die Location in Bezug zur Erde genannt. Zum Beispiel: Galaxy M82 can be seen with a small telescope in visible light towards the constellation of Ursa Major.
Wenn man wie wir das Glück hat, einen Astronomen in der Familie zu haben, kann man sich so etwas ansehen. Oder einfach nur zu nachtschlafender Zeit bewundern, wie die Jupitermonde ihren Heimatplaneten umrunden. Danke Harald.
Und was ist mit Gott?
Jetzt gibt es aber einen Untertitel im besagten Instagramm-Account, nämlich: See the amazing creation of God through The Hubble Telescope.
Und neben den astronomischen Beschreibungen gibt es auch immer wieder Bibelzitate in tollem englisch. Wie etwa »Howbeit when he the Spirit of truth, is come, he will guide you into truth: (…) and he will shew you things to come« Ich hab mal nachgesehen, das war aus Johannes 16,13. Oder Römer 8,5: »For they that art after the flesh do mind the things of flesh; but they that ate after the Spirit the things of the Spirit.«
Ich finde es sehr amüsant, wie es unter den Bildern dann immer wieder wütende Kommentare gibt. Was regt die Leute an den Bibelsprüchen so auf? Fürchten sie den Versuch einer christlichen Annexion des Weltraums? Echt jetzt? Es scheinen allerdings keine fundamentalistischen Kreationisten zu sein, die den Account betreiben. Gerade angesichts der Hubblebilder ist dieser Gedanke absurd. Irgendwie sprechen die Aufnahmen dagegen, dass Gott das alles vor knapp 5000 Jahren in sechs Tagen plus Ruhetag erschaffen hat.
Die Frage, die sich mir stellt, ist, warum es nicht legitim sein sollte, sich auch Dinge vorzustellen, die wir nicht mit unseren Sinnesorganen wahrnehmen können. Zum Beispiel Leben, dass nicht auf eine Atmosphäre, auf flüssiges Wasser, whatsoever angewiesen ist. Ich liebe die Bilder vom Hubbleteleskop. Und so wie es ziemlich sicher ist, dass es bei den millionenmilliarden Galaxien, Sternen und Planeten weiteres Leben in diesem Weltall gibt, bin ich mir ziemlich sicher, dass es auch Dinge zu erkennen gibt, die unseren Sinnesorganen, wie sie sich über die Jahrmillionen aus Aminosäuren entwickelt haben, verschlossen bleiben. Die vom Hubbleteleskop nicht aufgenommen können. Ich finde es großartig, dass die Betreiber das Accounts, den Mut haben, daran zu erinnern. Den Mut, beides nebeneinander stehen zu lassen.
So what are we doing here?
Könnte es nicht sein, dass wir über das, was wir Meditation, Spiritualität, Glaube, Kunst, Musik oder was auch immer nennen, einen kleinen Zugang zu einer anderen Art von Erkenntnis haben? Wenn die verständliche, aus der Voraufklärung rührende, Angst der Wissenschaft vor Spiritualität und die Verteufelung der Wissenschaft durch weltfremde Esoteriker aufhört, werden wir mit Sicherheit weiter fliegen, als wir es uns jetzt vorstellen können.
Trapist1 Image by NASA/All space images by ESA/Hubble/Hintergrundbilder der Skulpturen by Harald Bardenhagen. Skulpturen von mir.
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