Ich habe einen sehr durchmischten Musikgeschmack. Von Neil Young bis Griz ist dort ziemlich viel untergebracht. Ich liebe Funk, Electro, Electrofunk, Glitchfunk, Glitch, Pop, Pop-Rock, Rock, Rock’n’Roll, Reggae, Rave, Rap, Indie, Folk, Filmmusik, … ihr bekommt einen Eindruck. Und obwohl ich ein sehr offenes Ohr hab, was Musik angeht, gibt es ja selbstverständlich Songs, die mir gefallen, und andere, die mir nicht gefallen. Manchmal sogar vom selben Künstler. Also was unterscheidet einen guten Song von einem schlechten Song? Denn wenn es nicht am Genre liegt, muss es doch etwas anderes geben, dass meine Lieblingssongs verbindet.
So viel Kunst
Neulich war ich auf einem Bandcontest. Jede Band 30min. Wenn es einem gefällt, kann man 30min lang feiern. Wenn nicht, ist es nach 30min ja auch schon wieder vorbei. Die Auftritte waren ziemlich bunt gemischt. Von Schülerbands bis zur Rentnergruppe schien alles vertreten zu sein. Als ich mich dann dabei ertappte, bei einer funkingen Ska-Gruppe still zu stehen und bei einer alten Hardrock-Band abzugehen, fragte ich mich erneut, was einen guten Auftritt ausmacht. Für mich war das die ultimative Chance herauszufinden, was mein Hauptmerkmal für gute Musik ist. Und tatsächlich hatte ich eine Eingebung.
Ein paar Tage später war ich dann mit einem Freund in Kong: Skull Island. Ja, den konnten wir uns einfach nicht entgehen lassen. Wir haben uns ausnahmslos, maßlos amüsiert. Von der ersten Blende bis zum letzten Namen im Abspann saßen wir wie festgenagelt auf unseren Plätzen. Abgesehen von Tom Hiddlestons Gasmasken-Szene. Da wären wir am liebsten jubelnd aufgesprungen. Und ich habe festgestellt, dass mein neues Qualitätsmerkmal scheinbar auch auf Filme zutrifft.
Wenig später: Kunsthalle Hamburg. Die Poesie der Venezianischen Malerei. Wunderbare Gemälde von Paris Bordone, Palma il Vecchio, Lorenzo Lotto und Tizian. Alles handwerkliche Meisterwerke, keine Frage. Aber wann bleibe ich vor einem Gemälde stehen, und wann gehe ich einfach daran vorbei?
Richtig, aus demselben Grund, aus dem ich unberührt einer Ska-Gruppe lausche und mich bei Kong nicht mehr einkriegen kann.
BABYMETAL
Ein gutes Beispiel für meine neue These ist Babymetal. Meine größte musikalische Faszination.
Für alle, die noch nicht vom Internet ernährt werden, hier die Facts: Babymetal ist eine japanische Idol-Metal Gruppe. Also eine Mischung aus überdrehtem Japan-Pop und düsterem Metal. Frontsängerinnen sind drei Schulmädchen um die 15, die singen und tanzen, im Hintergrund headbangen die Musiker.
Und let me tell you: Es ist genial!
Trotz meiner ausschweifenden Musik Erfahrung, muss ich gestehen, dass J-Pop und Metal die beiden Musikrichtungen waren, um die ich unbewusst einen großen Bogen gemacht habe. Ich hatte keinen Zugang.
Doch in der Kombination ist auf einmal etwas entstanden, das mich interessiert hat. Etwas das so unfassbar frech ist. Nicht nur, weil es zwei absolute Gegensätze in Verbindung bringt, sondern weil das auch noch extrem gut gemacht ist. Es wirkt fast wie selbstverständlich. Als wäre es das Natürlichste auf der Welt, dass diese beiden Dinge zusammengehören. Und seit Babymetal tun sie das.
Was für eine Frechheit
Die Antwort auf die Frage lautet also: Frechheit.
Das Element, das meine Faszination verbindet. Die Frage, die stetig eine Antwort sucht: Ist es frech?
Dinge zu kombinieren, die eigentlich nicht zusammengehören, ist eine Art von Frechheit. In fact, der meiste Fortschritt entsteht dadurch, dass Dinge verbunden werden. Jede neue Idee ergibt sich aus alten Gedanken. Sei es die Kombination eines Stocks und eines Steins, um einen Hammer zu erschaffen oder die Verbindung einer Kloschüssel mit einer Galerie, um ein Kunstwerk entstehen zu lassen. Einfach frech.
Was für einen erstaunlichen Fortschritt wir erlangen würden, wenn man mal so frech wäre, die körperliche und die geistige Medizin zu verbinden.
Ist es frech, hat es unsere Aufmerksamkeit verdient.
Selbstverständlich frech
Doch man darf sich nicht täuschen lassen. Nicht alles was frech scheint, ist wirklich frech. Dinge die offensichtlich frech sind, sind meist nur nachgeplappert. Im Grunde vollkommen der Norm angepasst. Deswegen ist es manchmal schwer, wirkliche Frechheit zu entdecken. Denn wie bereits bei Babymetal, kann es schnell passieren, dass es ganz normal wirkt, als gehörte diese Frechheit schon immer zu unserem Repertoire. Auf den ersten Blick wirkt Paris Bordones Verkündigung absolut selbstverständlich. Wenn man sich dann aber die Perspektive anschaut, die von einer frontalen, bühnengleichen Draufsicht zu einer rechtszentrierten Flucht morphed, dann ist das ganz schön frech. Und wenn Jordan Vogt-Roberts, der zuvor quasi nur den Independent Film Kings Of Summer gemacht hat, auf einmal den besten Kong-Film aller Zeiten aus dem Ärmel schüttelt, dann ist das frech.
So …
Haltet also die Ohren steif. Vielleicht habt ihr ja auch eine Kategorie nach der ihr unterbewusst entscheidet, ob euch etwas gefällt. Mir hat es auf jeden Fall geholfen, einen Grund für meine Babymetal-Obsession nennen zu können. Und wer weiß, vielleicht bin ich mit diesem Beitrag meinem Traum vom Babymetal-Musikvideo-Dreh auch einen Schritt näher gekommen. Denn das wäre wirklich eine freche Kombination.
4 Comments
Katrin
7. April 2017 at 17:39Schöner Beitrag. Da habe ich dann gleich mal reingehört.
Babymetal. Cool. Mitsingen – ächem – eher schwierig.
Ach ja und die Kunst. Frech, aufregend, unerhört! So muss sie sein.
Uwe
7. April 2017 at 20:33yahoo, nailed it.
InaVainohullu
8. April 2017 at 18:50Haha, sehr gut. Weiter so!!!
Katrin
8. April 2017 at 18:56Sagt die Metalfan-in … :)