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Potsdam #6 Der Gruselhof

3. November 2017
Gruselhof
Halloween & Gruselhof

Ich kenne Ulrike und Matthew Sweetwood jetzt zwanzig Jahre. Wow. Genauso lange wohnen wir in Potsdam und offenslichtlich sind unsere Leben auf magische Weise miteinander verbunden. Matthew ist Amerikaner und durch ihn habe ich zum ersten Mal Halloween kennengelernt. Halloween, eine Sache, die ich nur aus amerikanischen Serien kannte. Ein Joke. Nichts, was man feiern sollte. Schon gar nicht am Reformationstag. Aber – ihr wisst es alle – Halloween ist schon lange zu einem weiteren Stand im Supermarkt geworden, an dem man orangefarbene Werbeartikel und Kürbisse kaufen kann. Was am Anfang ganz schön nervig war und nur nach einer neuen Methode aussah, uns noch mehr Kram zu verkaufen, aber sich langsam in unsere Herzen geschlichen hat.

The Spirit of Halloween

Denn, hey, eigentlich kann man das Leben ja gar nicht genug feiern. Oder den Tod … Und die Kinder finden es auch klasse, dass man an Halloween verkleidet durch die Nachbarschaft ziehen und um Süßigkeiten bitten kann. Äh, stimmt, die werden eher eingefordert: Süßes, sonst gibt’s Saures. Wer an diesem Tag einen unangemeldeten Besuch bei Freunden macht, wird sich vielleicht wundern, dass Licht in der Wohnung ist, aber niemand aufmacht. Verdammt wir haben wieder vergessen, was Süßes zu kaufen. Die Süßigkeiten sind, alle, lass sie nicht rein. Ich weiß nicht, was Saueres bedeutet? Es gibt an diesem Tag viele Gründe, die Tür nicht zu öffnen.

Der Gruselkeller

Nun ist Matthew nicht nur Amerikaner, sondern auch Filmemacher und Künstler und Halloween für ihn eben nicht nur das Fest, an dem man Kürbisse aufschlitzt und den Nachbarn Süßigkeiten abpresst. Nein, er hat seine ganz eigene Vorstellung von Halloween. Grusel, Horror, Erschrecken. Morbides, Dunkles, Blutiges …

Sweetwoods und wir wohnten damals noch im selben Haus und in den 90ern war dieses Haus in großen Teilen unrenoviert. Besonders der Keller. Der war riesig, hatte mehrere ungenutzte Kellerverschläge und sehr viele Möglichkeiten, unschuldige Menschen – ganz ohne irgendwelche zusätzlichen Geräusche, Horrorgestalten oder von der Decke hängenenden Spinnweben – zu erschrecken. Für einen Halloween-Performance-Artist wie Matt war das natürlich eine exellente Bühne und Halloween der Tag der Aufführung. Amber war damals etwa drei und der Keller an Halloween – Nope! Ich sage nur: Komplette Finsternis, verhangende Decke, Sarg, lebende Tote, blutig Äxte, echte Mäuse, verstörender Sound und viele Akteure, die aus diversen Ecken gesprungen sind. ICH hatte Angst.

Der Gruselhof

Familie Sweetwood ging einige Jahre in die USA und mit ihnen verschwand der Gruselkeller. Manche erzählten Geschichten … aber das schien laaaaange her zu sein. Doch dann kehrten sie zurück, zogen in eines der schönen Häuser im Holländer Viertel in Potsdam und – bespielen seitdem den Innenhof an Halloween. Von der ersten groben Idee einer Gruselbahn/Geisterbahn, hat sich die Sache nun schon seit Jahren zu einer Story entwickelt, die jedes Jahr neu  inszeniert wird.
Immer geht es um diese seltsame Familie, deren Oberhaupt mit schwarzem Zylinder, einem alten Frack, langen strähnigen Haaren und einem großen Stock von Matt gespielt wird, der uns seine Geschichte erzählt.

Mal sind alle Familienmitglieder Ärzte und zersägen ihre Opfer, oder verrückt geworden und fallen Menschen an. Eine Kettensäge ist immer mit dabei und auch kleine enge Hofräume, die man besser nicht betritt, da jemand/etwas/ einen dort anfallen könnte. Ja, es wird immer besser und verrückter und Amber ist auch nicht mehr klein und lässt sich erschrecken, sondern war dieses Mal  selber Teil der crazy family.

Hereinspaziert

Schon letztes Jahr musste man anstehen, dieses Jahr war es dann überfüllt vor dem Eingang zum Gruselhof, den immer nur 6-7 Personen auf einmal erleben dürfen. Ab jetzt behaupte ich, ist es eine offizielle Attraktion von Potsdam. Kommt herbei! Bitte, lasst eure Kinder zu Hause, wenn sie unter sechs sind oder schon im Vorraum zu weinen anfangen, sobald das gebeugte Oberhaupt der Familie im, nur von flackernden Lichtern hinter Totenköpfen beleuchteten, Vorraum herumhumpelt und alle in sein schräges Heim einlädt.

Wie ist es denn so im Gruselhof? Äh, ich hatte sehr oft die Augen zu. Und habe nur den wummernden, knarzenden, kreischende Sound mitgekommen. Manchmal geblinzelt und den Rauch, das Geflacker der Lichter und die herumspringenden Gestalten gesehen. Und mich einmal (denn einmal passiert es immer) zu Tode erschrocken, als das Baby im Kinderbettchen auf einmal lebendig wurde. Und beim Wegstolpern bin ich dann gleich einem aufrechten Toten in die Arme gelaufen. Ja, das waren für mich die Highlights dieses Jahres: Die kreischende Mutter mit ihrem halbtoten Kind im Gitterbettchen und der Tote hinter der Wand. Hm, ich sollte vielleicht noch die kriechenden Gestalten (Wölfe?) am Ausgang im Nebel erwähnen. Albträume garantiert …

Wer vorbeikommt, sollte Süßes dabei haben und vielleicht in den nächsten Jahren mit einem Eintritt rechnen, denn diese Show ist – ja genau: Eine großartige Show.

Ich freu mich schon auf’s nächste Jahr.

Ach, ja, für alle, die sich fragen: Wieso überhaupt Halloween???

Halloween – Wo kommt das her?

Der Brauch, Kürbisse zum Halloweenfest aufzustellen, stammt aus Irland. Dort lebte einer Sage nach der Bösewicht Jack Oldfield. Dieser fing durch eine List den Teufel ein und wollte ihn nur freilassen, wenn er Jack O fortan nicht mehr in die Quere kommen würde. Nach Jacks Tod kam er aufgrund seiner Taten nicht in den Himmel, aber auch in die Hölle durfte Jack natürlich nicht, da er den Teufel betrogen hatte. Doch der Teufel erbarmte sich und schenkte ihm eine Rübe und eine glühende Kohle, damit Jack durch das Dunkel wandern könne. Der Ursprung des beleuchteten Kürbisses war demnach eine beleuchtete Rübe, doch da in den USA Kürbisse in großen Mengen zur Verfügung standen, höhlte man stattdessen einen Kürbis aus. Dieser Kürbis war seither als Jack O’Lantern bekannt. Um böse Geister abzuschrecken, schnitt man Fratzen in Kürbisse, die vor dem Haus den Hof beleuchteten. (Wikipedia)

 

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